Vierling, Rudolf
Pianofabrik in Berlin, 1879 – 1939
„Die am 23. Nov. 1879, nach anderer Meldung schon 1878 gegründete Firma verlegt 1886 ihren Sitz von SO, Admiralstraße 1, nach Cottbuser Straße 4, sie ist hier noch 1900 und wird erst im Nov. oder Dez. 1904 handelsgerichtlich eingetragen“. (H. Henkel)
Als Inhaber wird „der Pianofabrikant Rudolph Vierling“ eingetragen. Ein halbes Jahr später ist sein Sohn Emil Vierling Inhaber. Noch im Jahre 1905 zeigte die Firma R. Vierling ihr Patent (DRP 159299) in der „Illustr. Patent-Übersicht“, „eine Klaviatur für Musikinstrumente nach Art der Jankó-Klaviatur“. Die Klaviatur ist „dadurch gekennzeichnet, daß die Spielbäckchen auf geraden, parallel laufenden, einarmigen Tastenhebeln angeordnet sind, die vorn mit darunterliegenden, geraden, strahlenartig verlaufenden zweiarmigen Hebeln verbunden sind“.
Weiterhin gab es keine Informationen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, 1919, kam die Meldung des Todes von Rudolph Vierling. Er starb am 30 Juni 1919, einen Nachruf fand sich in der ZfI nicht, seltsam. Zur bevorstehenden Leipziger Herbstmesse 1923 gab die „altbekannte Pianofabrik Rudolph Vierling“ ihrer Auslandskundschaft bekannt, dass sie wieder Gelegenheit haben, „sich von der Qualität und Klangfülle der Instrumente zu überzeugen. Die Firma sucht noch einige Auslandsvertreter besonders für die neu aufgenommene Abteilung Kunstspielpianos“.
Bekannt sind in unserer Branche verschiedene Klavier-Modelle, bisher unbekannt war das Modell Edel-Piano, vorgestellt in der Berliner Morgenpost vom Oktober 1925 und den Berliner Tageszeitungen:
„Vierlings-Edelpiano, die gute, altbewährte Marke. Gediegene Ausführung. Sehr preiswert. Zahlungserleichterung.
Pianofabrik Vierling, Kottbuser Str. 5“.
„Diese Anzeige dürfte wohl zu Erheiterung in unserer Branche beitragen, die jetzt schon sowieso fast nur Ärger und Verdruß kennt. Denn wer weiß, was ein Vierling-Edel-Piano ist? Man kennt wohl Edelkastanien, Edelpilze usw. und hat solche auch schon gegessen, aber Edel-Piano waren bisher unbekannt“.
Ein Edel-Piano erkennt man auch erst, wenn das Innere sichtbar wird. Im Gussrahmen oben links steht, die ganze Bassseite einnehmend: Edelpiano, auf der Mittel- und Diskantseite: Vierling Berlin gegr. 1879. Ja, – und weiter? Kreuzsaitig und ein drittes Pedal begründen doch kein Edel-Piano, oder?
Das 50jährige Jubiläum wurde im November 1929 gefeiert:
„… Auf solider Grundlage errichtet, war es der Firma beschieden, sich durch tonschöne, leistungsfähige Instrumente bekannt zu machen und einen tadellosen Ruf zu erlangen. Besonders hat es Herr Emil Vierling vermocht, während eines Zeitraums von 24 Jahren den Betrieb weiter auszubauen und das Ansehen seines Hauses weiter zu verbreiten. Er selbst erfreut sich infolge seiner gründlichen Fachkenntnisse und Tüchtigkeit, gepaart mit Liebenswürdigkeit seines Wesens, großer Beliebtheit. So gehört er dem Vorstand des `Vereins Berliner Klavierhändler und Fabrikanten`seit 20 Jahren an, der die wertvollen Eigenschaften und Mitarbeit dieses Mitgliedes zu schätzen weiß und den dem Jubiläum deshalb besonderen Anteil nimmt. Wie die bisherigen Vierling-Instrumente, so dürften auch die Jubiläums-Modelle, darunter ein bemerkenswertes Orchester-Piano, schnell Anklang finden“.
Zehn Jahre später, 1939, feierte der neue Inhaber Rudolf Vierling jun., geb. am 25. Feb. 1874, seinen 65. Geburtstag. „Danach ist die Firma nicht mehr nachweisbar“. (Henkel)
In den Berliner Adressbüchern von 1939 bis zum Zweiten Weltkrieg ist Rudolph Vierling unter Pianoverleih zu finden. Gehört er zur Firma? – Nach dem Krieg ist Vierling nicht mehr nachweisbar.
Vier Vierlinge:
Vierling, Rudolph – der Gründer
Vierling, Emil – sein Sohn
Vierling, Rudolph jun. – Enkel des Gründers
Der vierte Vierling, nicht zur Familie Rudolph Vierling gehörend, Oskar Vierling, ist der wohl Bekannteste:
„1929 schuf Vierling zusammen mit Walther Nernst den Neo-Bechstein Electric Grand Piano-Entwurf, der die Saiten in Fünfergruppen mit eigenen elektrostatischen Tonabnehmern aufteilte. Mit der Verstärkung waren die Saiten dünner und kürzer; Das Neo-Bechstein-Klavier wurde schließlich von der C. Bechstein Piano Factory Company im Jahr 1932 nach Abschluss der Entwicklung hergestellt, erwies sich aber als wirtschaftliche Enttäuschung aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in der Firma Bechstein“. (Wikipedia)
„Für die klaviertechnische Seite war Oskar Vierling zuständig, einer der großen Tüftler des Klavierbaus. Nachdem sich Bechstein in seinen Anfängen mit einem der größten Pianisten zusammengetan hatte, mit Hans von Bülow, arbeitete man nun mit einem der bedeutendsten Physiker und Nobelpreisträger, was sicher nicht wenig über die Philosophie des Unternehmens aussagt“. (Bechstein)
„1932 wurde in Zusamenarbeit mit einem der besten Elektroakustiker, Oscar Vierling vom Berliner Heinrich- Hertz-Institut und dem deutsch-amerikanischen Erfinder Franklin Mießner, das Förster- Elektrochord fertig gestellt“. (Aug. Förster)
Und noch ein fünfter Vierling:
1929 wurde das Patent für eine Klaviermechanik von Werner Vierling, Klavierbauer in Berlin S 59, Kottbusser Damm 14, veröffentlicht.
Weiterhin nachweisbar in den Berliner Branchenbüchern als Mechanikenhersteller von 1930 bis 1933.