Mann, Theophil
Pianofabrik in Bielefeld, 1858 -1939
„Theophil Mann wurde am 14. April 1831 in Hildesheim als Sohn eines Seilermeister geboren; nach Beendigung der Schulzeit machte er eine dreijährige Lehre im Tischlerhandwerk durch und kam im Januar 1848 zum Hofinstrumentenmacher J. H. Weykopf in Hannover, um den Klavierbau zu erlernen. Die politischen Wirren des tollen Jahres ließen ihn dort keinen Fuß fassen; so ging er nach einigen Monaten in seine Heimatstadt zurück, arbeitete dort einige Zeit beim Orgelbauer Schaper und kam dann am 13. April 1849 zu C. W. Volkening in Bielefeld. Unter der Leitung dieses tüchtigen Meisters lernte er den Klavierbau von Grund aus kennen.
Im Januar 1853 begab er sich zu seiner weiteren Ausbildung auf die Wanderschaft und arbeitete nacheinander in den Werkstätten von Ernst Irmler jun. in Leipzig, Eduard Voigt in Dresden, Karl Schönberner in Bautzen, Carl Rönisch in Dresden, Alois Biber in München, Carl Blädel in Stuttgart. Mit offenen Augen für alles Schöne in Natur und Kunst, durchzog er teils zu Fuß die Lande, dabei eifrig bedacht, in seinem Fach weiterzukommen; davon zeugen die noch vorhandenen eingehenden Notizen aus allen Werkstätten.
Im Jahre 1859 (andere Quellen sprechen von 1858) übernahm er das Geschäft seines ehemaligen Lehrmeisters C. W. Volkening in Bielefeld und führte dessen Arbeit weiter, sich mehr und mehr dem Bau von aufrechten Pianinos zuwendend. (1868 kam der ganze Betrieb in den damaligen Neubau Oberntorwall 29) Die Instrumente des jungen Meisters wurden sehr geschätzt, und langsam konnte er seinen Betrieb ausdehnen, bis die wachsenden Anforderungen seine Kräfte überstiegen; im Jahre 1872 trat Herr Herm. Steinhaus (22-jährig) aus Barmen als Teilhaber in das Geschäft ein, das von da unter der Firma Th. Mann & Co. geführt wurde. 33 Jahre lang haben die beiden Teilhaber in treuer Arbeitsgemeinschaft zusammengestanden. Zwei Jahre später, 1874, wurde in der Fabrik Dampfbetrieb eingeführt, das Haus mußte ausgebaut werden; später wurde in der Nähe noch ein größeres Grundstück erworben, um ein zweites Fabrikgebäude zu errichten, das auch verschiedentlich vergrößert werden mußte. . . Unablässig war er bemüht, durch eingehende Versuche seine Instrumente nach allen Seiten hin dem Ideale näher zu bringen, das ihm vorschwebte. Auf verschiedene Konstruktionen, wie z. B. den Kapodaster-Stimmstock, wurden ihm Patente erteilt. Bis in die letzten Jahre hinein ließ er es sich nicht nehmen, jedem Instrumente in der Intonation die letzte Feile zu geben. Neben seiner überaus fleißigen Arbeit im Berufe hatte er aber noch Zeit und Kraft für seine Mitmenschen. Von Jugend auf charakterisierte ihn eine tiefe, warmherzige Frömmigkeit, die seinem ganzen Leben eine besondere Note gab; so waren es besonders die Jünglingsvereine, denen er sein Interesse zuwandte; als die Bielefelder (Bodelschwing’schen) Anstalten gegründet wurden, trat er in den Vorstand ein und hat bis vor drei Jahren mit regem Eifer an dem Ausbau derselben mitgewirkt. . . . Nach dem Tode seiner ersten Gattin vermählte er sich wieder. Vier Söhne und vier Töchter überlebten ihn. .“
Etwa um die Jahrhundertwende wurden Pianino-Modelle vom kleinsten Kabinet-Pianino (123 cm hoch) bis zum großen Konzertpianino (142 cm hoch) gebaut.
„Im Jahre 1905 fühlte er den Zeitpunkt gekommen, sich ganz zur Ruhe zu setzen. und er siedelte nach dem benachbarten stilleren Gütersloh über.“
Am 1. April schied er aus, seine Stelle nahmen sein Sohn Th. Mann jun., gemeinsam mit Herrn Hermann Steinhaus, ein.
1912 feierte Hermann Steinhaus, Teilhaber und Seniorchef sein 40-jähriges Geschäfts- jubiläum.
Auf der Wohnungs-Ausstellung in Bielefeld im gleichen Jahr erhielt „Th. Mann & Co.“ den 1. Preis, die „Goldne Medaille“ zuerkannt. Ausgestellt waren 2 Flügel und 6 Pianinos.
“ . . Geduldig, ja fröhlichen Herzens, hat er die Leiden getragen, bis er jetzt, am 21. Juni (1913), ganz sanft hinübergeschlummert ist in die Ewigkeit, ein friedlicher Feierabend nach einem köstlichen Leben voll Mühe und Arbeit. . . . Sie haben einen guten Mann begraben … uns war er mehr.“
Einige Stunden „täglich im Geschäft tätig“, feierte Herm. Steinhaus am 17. Juli 1930 seinen 80. Geburtstag. Am 9. Febr. 1933 starb er im Alter von 83 Jahren.
Die Gesellschaft wurde aufgelöst und Theophil Mann jun. alleiniger Inhaber, bis zu seinem Tode am 18. März 1935. Seine Ehefrau, Helene Mann, führte Firma und Fabrikation selbständig weiter. Sie starb 61-jährig am 4. Nov. 1939.
Die Produktion wurde zum Jahresende 1938 eingestellt, insgesamt mit der Herstellung von fast 20.000 Instrumenten.
Der Kaufmann Max Porth, der in Berlin eine Pianohandlung besaß, wurde 1942 Inhaber der Firma.
Im Gewerberegister der Stadt Bielefeld war die Pianofabrik bis zum 18.11.1954 in Bielefeld, Oberntorwall 30 gemeldet.
Zum 100-jährigen Bestehen,1936, wurde im Rückblick auf die Geschäftstüchtigkeit vor dem Ersten Weltkrieg hingewiesen: Wöchentlich wurde „eine Waggonladung, nicht nur nach England, Italien, Holland, Belgien, sondern auch nach Übersee geliefert“.
Im Laufe der vielen Jahre konnten 17 „Goldene Medaillen“ und viele Silber- und Bronzemedaillen erworben werden.
Quelle:
Zeitschrift für Instrumentenbau