Kreutzbach, Julius
Pianofortefabrik in Leipzig, 1874 – 1934
– gekürzte Fassung –
Was verbindet einen Käsehändler mit einem Klavier? – Auf den ersten Blick eigentlich nichts, oder?
In einer Werkstatt oder in einem Herstellerbetrieb riecht es eigentlich weniger nach biologisch abbaubaren Produkten, sehen wir mal von Kaseinleim ab. Dem Klaviertechniker vor Ort schlagen beim Kunden aber möglicherweise Düfte entgegen, die man schlechthin als Käse bezeichnen könnte. Trotzdem gab es bereits tatsächlich eine direkte Verbindung zwischen Käse und Klavier, aber nur über drei Generationen, in der Familie Kreutzbach.
Der 1796 in Dänemark geborene Urban Kreutzbach war der Sohn eines Käsehändlers. Ihm wurde vermutlich der alltägliche Käsegeruch zu viel. Er wanderte nach Deutschland aus. […]
Seine zwei ältesten Söhne, Richard und Bernhard, erlernten bei ihrem Vater den Orgelbau. Sein Sohn Richard übernahm nach dem Tode von Urban Kreutzbach die Orgelbaufirma, die allerdings direkt nach dem Tode von Richard 1903 einging. Es mangelte an den weiteren männlichen Nachkommen.
Den jüngsten Sohn, Julius Kreutzbach (1839 bis 1903), zog es zum Duft des Holzes in die Orgelbauwerkstatt seines Vaters. Ihn interessierte die Tischlerei. Er erlernte dieses Handwerk gründlich und erweiterte seine Kenntnisse in verschiedenen Klavierfabriken, bis er 1874 in Leipzig eine eigene Klavierfabrik errichtete.
Der Pianofabrikant Julius Kreutzbach hat 1887 seine Fabrik von der Leipziger Mendelssohnstraße 12 in größere Räumlichkeiten, in die Marschnerstraße 4, verlegt.[…] Ende des Jahres 1895 erhielt der Pianofabrikant dann den Titel des „herzoglich anhaltischen Hoflieferanten“.
Aber erst am 17. Oktober 1902 wurde die Firma handelsgerichtlich eingetragen.
Am Abend des 22. September 1913 starb „nach langen schweren Leiden im 68. Lebensjahre“ Julius Urban Kreutzbach. Er gehörte „zu den alten, erfahrenen Vorkämpfern seines Berufes, dem er ein langes, arbeitsreiches Leben gewidmet hat. Eine große Familie trauert um des Hinscheiden des tüchtigen, in seinem Auftreten bescheidenen und zurückhaltenden, liebenswürdigen Mannes“. Mit Julius Urban Kreutzbach „ist der letzte männliche Träger dieses Namens aus der altbekannten Instrumentenbauerfamilie Kreutzbach ins Grab gesunken“.
Julius Kreutzbach war ein „tüchtiger Fachmann der alten Schule, peinlich und gewissenhaft in allen Dingen, lieferte er nur solide, beste Fabrikate, die seinem Namen bei der Kundschaft Ehre machten. So hatte der Name Kreutzbach in Fach- und Musikerkreisen bald einen guten Klang, und die wiederholte Berufung Kreutzbachs als Sachverständiger und Preisrichter waren der beste Beweis, welche Wertschätzung man ihm als Fachmann entgegenbrachte, während durch seine Ernennung zum Großherzogl. Weimarischen wie zum Herzogl. Anhaltischen Hoflieferanten eine Anerkennung seiner Verdienste auch von diesen höchsten Stellen ausgesprochen wurde. […] Die Fabrik wurde von seiner Witwe in unveränderter Weise weitergeführt, und die Qualität der Fabrikate wird in keiner Weise beeinträchtigt werden“.
An die Stelle des verstorbenen „Sachverständigen bei Kgl. Amt- und Landgericht zu Leipzig“, Herrn Julius Kreutzbach, wurde der Teilhaber der Firma H. Förster & Co. in Leipzig, Herr Hermann Förster, ernannt. Die Witwe, Frau Henriette Louise Kreutzbach, wurde 1914 als Inhaberin eingetragen und der Kaufmann Nikolaus Janson trat als Gesellschafter in die Firma ein.
Zur Herbstmesse 1923 stelle Kreutzbach „eine Anzahl ihrer erstklassigen und beliebten Flügel- sowie Pianomodelle“ aus, „besonders sei noch auf die vielbegehrten Kreutzbach-Einbau-Pianos hingewiesen“. Kurz vor Jahresende 1923 erfolgte die handelsgerichtliche Eintragung, dass die Witwe Frau Kreutzbach als Gesellschafterin ausgeschieden war und dass Herr Nikolaus Janson „das Geschäft als Alleininhaber“ fortsetzte.
Das 50-jährige Bestehen der Firma wurde 1924 in einem Artikel in der „Zeitschrift für Instrumentenbau“ gewürdigt:
„Die heutige Zeit ist nicht dazu angetan, rauschende Feste zu feiern. Die Not des verlorenen Krieges zwingt uns mehr denn je zur Arbeit, die uns einzig und allein wieder in die Höhe bringen kann, und das Dichterwort: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen“ gilt für uns in ganz besonderem Maße. Aber es wäre doch verfehlt, über den Gedanken an Gegenwart und Zukunft die Vergangenheit außer acht zu lassen, denn gerade aus ihr können wir Kraft zu neuem Aufschwung schöpfen. […] Die Bedeutung Leipzigs beruht neben seiner Eigenschaft als internationale Messestadt nicht zuletzt auf seiner Spezialindustrie. Neben den graphischen Gewerben war es besonders der Klavierbau, der mit seinen Edelerzeugnissen den Ruhm seiner Vaterstadt in die ganze Welt hinaustrug. Hieran in hohem Maße beteiligt zu sein, kann sich die Firma Kreutzbach mit Stolz rühmen. Als ihr Begründer […] sich entschloß , seine Erfahrungen als Klavierbauer für ein eigenes Unternehmen nutzbar zu machen, genoß er bereits den Ruf eines hervorragenden Fachmannes. Im Vertrauen hierauf und von dem unbeugsamen Willen zum Erfolg beseelt, begann er in ganz bescheidenen Räumen, die er im damaligen Vorort Lindenau mietete, die Fabrikation der ersten „Kreutzbach-Klaviere“.[…]
Zur Herbstmesse 1925 befand sich neben bekannten und beliebten Flügel- und Piano-Modellen „ein Konzert-Flügel von 2,30 m Länge, der besondere Beachtung verdient“.
Der Betrieb wurde im Januar 1929 nach der Dessauer Str. 14 verlegt. „Hier stehen ihr größere und praktischere Fabrikationsräume mit Gleisanschluß zur Verfügung. Durch neueste Maschinen und moderne Trockenanlage ist der Betrieb zeitgemäß gestaltet und ihm eine erhöhte Leistungsfähigkeit verliehen worden.“
Die letzte Nachricht aus der „Zeitschrift für Instrumentenbau“ vom 1. Oktober 1934 besagt: „Unlängst konnte die Firma Julius Kreutzbach, Pianofortefabrik in Leipzig, auf ein 60jähriges Bestehen zurückblicken.“
Bis zum Ersten Weltkrieg wurden ca. 10.000 Instrumente hergestellt. Nach dem Tode von Julius Kreutzbach bis zum Ende der Firma verließen nur wenige Instrumente die Pianofortefabrik, so dass vermutlich nicht mehr als Tausend noch hergestellt wurden.