Bretschneider, Alexander
Pianofortefabrik in Leipzig, 1833-1910
„Ludwig Alexander Bretschneider, gehört unstreitig mit zu den tüchtigsten Altmeistern des deutschen Pianofortebaues.“
Zur Halleschen Ausstellung 1881 stellte A. Bretschneider Stutzflügel und Pianinos aus, „welche ihren Preisen entsprechen“.
Ende 1882 wurde bereits das 2.800 Instrument hergestellt, ein Grund, „eine einfache und würdige, zugleich seltene Feier“ zu begehen.
Vier Jahre später wurde ein Jubiläum gefeiert. Der Arbeiter, Christian Denecke, war bereits ein „halbes Säculum“ in der Firma tätig. „Welch fester Charakter, welches Maas von Treue gehört dazu, … auf einem und demselben, noch in jungen Jahren übernommenen Posten auszuharren! Fürwahr, eine solche That ist die That eines ganzen Mannes, und sie verdient es, dass man ihrer auch an öffentlicher Stelle rühmende gedenke“. Selbst „Herr Commerzienrath Julius Blüthner erfreute den Jubilar durch Uebersendung einiger Flaschen vorzüglichen Weines“. Auch „die Herren Fabrikanten Julius Feurich, Thieme und Flemming brachten theils persönlich, theils brieflich die herzlichsten Glückwünsche. Der sichtlich tief ergriffene ehrwürdige Jubelgreis fand kaum Worte, um seinen Dank für die ihm widerfahrenen Ehren auszudrücken“. Außerdem wurde ihm vom König von Sachsen „das allgemeine Ehrenzeichen verliehen“.
Der Neffe des Gründers und Inhaber Robert Georg Bretschneider der Firma, starb am 4. Januar 1892 im Alter von erst 61 Jahren. „Die Fabrik, welche in den Besitz der Wittwe übergangen ist, wird mit den alten Kräften in unveränderter Weise weiter geführt“.
1901 schied die Inhaberin aus, der „Instrumentenmacher Herr Robert Alfred Bretschneider (der Sohn von Robert Georg Bretschneider) und der Kaufmann Herr Gustav Karl Schumann, übernahmen die Firma“.
Ein anderer Instrumentenmacher, Ernst Geyer, beging 1903 sein 30jähriges Jubiläum. „Ein äußerst ehrendes Zeichen für die erwähnte altrenommirte Firma ist es, daß sie außerdem mehrere Jubilare von 50- und 40jähriger Thätigkeit unter ihrem Personal zu verzeichnen hat“.
„Der Gründer der Jubelfirma, Ludwig Alexander Bretschneider, gehört unstreitig mit zu den tüchtigsten Altmeistern des deutschen Pianofortebaues. Er war am 6. März 1806 in Gera geboren und stammte aus einer angesehenen Familie. … Alexander Bretschneider hatte einem inneren Drange folgend, den Pianofortebau erlernt, und keine Gelegenheit versäumt, sich in seinem Fache nach allen Richtungen hin auszubilden. … Er gründete am 1. Mai 1833 … ein eigenes Geschäft“.
Ein damaliger Sachverständiger auf musikalischem Gebiet, der Klavierpädagoge Friedrich Wieck (der Vater der Pianistin Clara Schumann und Schwiegervater von Robert Schumann) zeigte besondere Aufmerksamkeit für die Firma, er erwarb für sich und seine Schüler bis 1839 32 Pianos und zwei 6 1/2-oktavige Flügel. 1844 wurden nach einem überseeischen Ort 86 Pianos exportiert. Künstler wie Franz Liszt und Anton Rubinstein spielten „A. Bretschneider“-Instrumente.
„Nachdem die Fabrik im Jahre 1840 nach dem Bayerischen-Platz No. 5 übergesiedelt war und der Umfang des Geschäftes eine Stütze nothwendig gemacht hatte, trat am 30. September 1863 der Neffe des Begründers, Robert Georg Bretschneider, in die Firma als Theilhaber ein“.
Der Gesundheitszustand des Gründers, Alexander Bretschneider, verschlechterte sich, er zog sich am 1. April 1864 ganz vom Geschäft zurück, am 8. Juni 1870 starb er.
Im September 1873 zog die Firma in die Elisenstraße.
„Die Bretschneider-Instrumente haben sich bis zum heutigen Tage ihren traditionellen guten Ruf erhalten. Auch die jetzigen Inhaber Alfred Bretschneider und Karl Schumann führen die Geschäfte ganz im Sinne ihrer Vorgänger nach den altbewährten Grundsätzen weiter“.
„Die moderne Richtung im Kunstgewerbe hat nicht verfehlt, auch auf die deutsche Pianoforte-Industrie einen tiefgehenden Einfluß auszuüben. … In letzter Zeit hat auch der ausländische Markt, der sich anfänglich der neuen Richtung gegenüber etwas reserviert verhielt, Geschmack an modern ausgestatteten Pianos gefunden, und sogar England und Kolonien sind heute Abnehmer moderner Modelle. … Die Instrumente, die wir hier im Bilde wiedergeben, sind aus Ahorn, in kräftig grünem Farbtone gehalten und glanzpoliert. Der Entwurf zeigt eine schlichte, ruhige Linien-Architektur, die im Verein mit der Farbenwirkung den soliden einfach Geschmack der Engländer berücksichtigt, dem man, trotz aller Gemessenheit oder gerade darum, eine reservierte Exklusivität nicht absprechen kann“.
Wochenblatt 1869
Ein Katalog erschien 1903 in „deutsch-englisch-französisch-spanischer Sprache“, 40 Seiten stark und zeigte „1 Flügelmodell und 17 Pianinomodelle in verschiedenen Größen und Ausstattungsarten (drunter auch 3 Entwürfe im modernsten Stile)“.
Ein Kollege erhielt 1905 für 30jährige Tätigkeit „das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit“ vom Königlichen Ministerium des Inneren verliehen.
1907 schied Alfred Bretschneider aus gesundheitlichen Gründen aus der Firma aus, der „bisherige Mitinhaber Herr Karl Schumann hat das Geschäft … übernommen“.
Wiederum erschien 1907 ein neuer Katalog, diesmal mit 2 Flügel- und 14 Pianinomodellen.
Zum 75jährigen Bestehen 1908 stand nichts wesentlich Neues gegenüber den Informationen vor fünf Jahren darin: „Aber die Fabrik ist trotz ihres hohen Alters jugendfrisch geblieben und nur gereift in den von Hand zu Hand gegangenen reichen Erfahrungen einer großen Epoche deutscher Intelligenz und deutschen Gewerbefleißes. … Mögen ihr auf der Bahn des Fortschrittes und in getreulichem Festhalten an den durch den Gründer vorgezeichneten altbewährten Traditionen in Zukunft noch weitere Erfolge beschieden sein“. Die Inhaber ließen sich das Jubiläum etwas kosten und feierten mit Personal und geladenen Gästen im „großen Saale des Grand-Restaurant“.
„Der Pianofortefabrikant Herr Karl Schumann i. Fa. Alexander Bretschneider in Leipzig ist am 23. Februar d. J. (1910) aus dem Leben geschieden, nachdem er vorher in einem Rundschreiben Presse und Geschäftsfreunde von seinem Entschlusse, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, in Kenntnis gesetzt und die Ursachen, die ihn in der Tod getrieben, bekanntgegeben hatte“.
Ein Pianofortefabrikant „in den Tod getrieben“, so die Nachricht. Ein Selbstmord, welche Gründe lagen vor? Sehr schwerwiegende. Karl Schumann teilte seine Gründe durch ein Rundschreiben mit:
Ende 1908 trat der Klavierbautechniker Erich Drehmann in die Gesellschaft ein. Er erwies sich als bösartiger Mitgesellschafter. Zahlreiche Versuche, die Firma zum Konkurs zu bringen scheiterten zunächst. Er versuchte das Geschäft zu ruinieren und Karl Schumann in die Ecke zu stellen. Wichtige Geschäftsunterlagen stahl er, das Gericht musste sich einschalten. Weitere, ganz persönliche Schädigungen, machten Karl Schumann das Leben unerträglich. „Die mir von D. zugefügte Schmach kann ich beim besten Willen nicht mehr ertragen. Da ich eine wirklich gute Frau und 3 Kinder zurücklasse, werden Sie ermessen, daß meine Kämpfe wirklich schwere waren“.
„Wer den auf so tragische Weise aus dem Leben Geschiedenen gekannt hat, wird ihm sein Mitleid nicht versagen. Er war allezeit ein nüchterner und unermüdlich tätiger Mann, der Tag und Nacht schaffte, um die Firma, die er vor ungefähr 10 Jahren unter schwierigen Verhältnissen (die er vorher nicht gekannt hatte) übernahm und in die er seine ganzen Ersparnisse und sein bescheidenes Vermögen gesteckt hatte, über Wasser zu halten. … Er ist in diesem Kampfe, in dem sein Teilhaber Drehmann eine so traurige Rolle spielte, zusammengebrochen, und die durch die schweren Sorgen und Kämpfe der letzten Monate zerrütteten Nerven ließen ihn den freiwilligen Schritt in den Tod als letzte Rettung erscheinen“.
„Nach dieser Tat, die im gesellschaftlichen Leben Leipzigs für große Erregung sorgt, wird die Klavierproduktion eingestellt“. (Henkel)
Arno Erich Drehman hat nichts mit der in Berlin von 1919 – 1934 bestehenden Flügel- und Pianofabrik Erich Drehmann zu tun.