Kulb, Josef
Pianofabrik in Dresden, 1873 – 1926
Dresden, eine Stadt mit vielen Pianofabriken, insgesamt versuchten über 50 Hersteller ihre Instrumente zu verkaufen. Eine Pianofabrik mit Besonderheit war Josef Kulb. Er empfahl 1880 „seine neuen, tonreichen, 4chörigen Pianinos mit viermal gekreuzter Saitenlage“.
Vierchörig, die Seltenheit kennnt mancher Klavierbauer, aber „viermal gekreuzte Saitenlage“? Nicht verwunderlich, wenn der Klavierstimmer das Stimmen wegen irgendwelchen Gründen nicht angenommen haben.
Welches Ansehen, welche Hochachtung, welche Ehre wurde einem Chef zuteil – 1883.
Was war der Grund. Der Chef erhielt eine „in prachtvollem ovalen Goldrahmen gefasste Votivtafel mit folgender Inschrift: Zur Erinnerung an der Vollendung des 1000. Instrumentes von Jos. Kulb, Dresden 1883. Gewidmet von seinen Arbeitern“.
Aber was ist eine Votivtafel? Interessant die Erklärungen dazu, z. B. „einem Heiligen aufgrund eines Gelübdes geweihte kleine Tafel mit einer Inschrift“. Die Reaktion des Chefs: „Sichtlich gerührt über die Aufmerksamkeit seines Personals nahm der Chef das Geschenke unter warmen Dankesworten an“.
Ausstellung 1884 in Teplitz, Kulb stellte aus ein kreuzsaitiges „Nussbaum-Pianino mit Messingplatten am Stimmstock, Goldgravirungen und geschnitzter Gallerie, Doppelleuchtern und Handhaben eine solide Politur bei schönem Maserfournier. Der Grundbau ist von Eichenholz äusserst solid gebaut. Das Instrument hat einen hellen, flügelartigen Ton vom tiefsten Bass bis zum höchsten Discant, ganz besonders ist der silberhelle Ton in der obersten Octave hervorzuheben. Da in der Regel bei Octaven die oberste gewöhnlich matt klingt, ist dieser Uebelstand bei diesem Pianino vermittelst einer Messingplatte auf den Steg im hohen Discant abgeholfen“.
Ein Jahr später zur Gewerbe- und Industrie-Ausstellung in Görlitz stellte Joseph Kulb ein „schwarzes Pianino mit Goldgravierung und weissen Linien und 1 solches in Nussbaum, das eine kreuzsaitig, das andere viermal gekreuzt“ aus. Außerdem „zwei neue Einrichtungen, die recht dankenswerth sind: Eine Schiebelade unter der Claviatur für Aufbewahrung einiger Notenhefte, und Schallöffnungen, die durch Zurücktreten der Füllungen des Unterrahmens in Wirksamkeit treten. Beide Einrichtungen, an sich praktisch, verändern das Ansehen der Instrumente nicht und sind empfehlenswerth“. Die „Prämiirungen von Görlitz“ reichten für Kulb nur zu einer Bronze-Medaille.
Weiteren Ausstellung häuften sich, auf der „Ausstellung des Exportmusterlagers des Exportverein für das Königreich Sachsen“ 1886: Kulb „hat ein kreuzsaitiges Mittelformat in schwarzem Gehäuse ausgestellt, dessen Vorderfront-Ausschmückung in den beiden Enden der Seitenfüllung zwei sich ansehende Mozartköpfe präsentiert. (waren es Wolfgang´s und seiner Schwester, die Nannerl?) … Das kreuzsaitige System ist auf vier Dimensionen bez. Portionen ausgedehnt. Wir können uns für dieses vierfache Arrangement nicht sonderlich begeistern. Herr Kulb ist – wie es scheint – auf Neuerungen eifrig bedacht“.
1887 wurde bereits das 1.500 Instrument fertiggestellt. Zur Ausstellung von „Wohnungseinrichtungen im Gewerbehaus zu Dresden und die Betheiligung der Instrumenten-Industrie“ von 1893 stellte Kulb einen Flügel und ein Pianino aus. „Beide sind vorzüglich in der Form und Ausführung und sehr gut schwarz polirt, der Flügel mit gut ausgeführten Gravirungen, welche theils vergoldet, theils (doch sehr dezent) farbig gehalten sind; das Pianino ist mit einer Intarsienfüllung verziert, doch kann ich die Bemerkung nicht unterdrück, daß, wenn bei der letzteren ein wenig Gold und Gravirung angewandt wäre, die Wirkung eine noch schönere gewesen sein würde“. Es folgte die Prämiirungen, „nach wochenlanger Arbeit“ erhielt Kulb die bronzene Medaille.
Zur Gewerbeausstellung in Aussig 1893 sind Flügel und Pianinos besonders reichhaltig vertreten. „Da ist vor allem eine Firma zu nennen: Josef Kulb … Der ausgestellte Miniatur-Flügel zeichnet sich durch die künstlerisch ausgeführte Gravirung in schwarz matt mit Goldeinfassung besonders aus, hat einen vollen, edlen, gesangreichen Ton, der besonders in den höheren Lagen glockenrein ist und eine leichte elastische Spielart hat. Die darin befindliche engliches Repetitionsmechanik (System Steinway) ist die dauerhafteste und bis jetzt von keiner anderen noch übertroffen worden. Das zweite Instrument, ein hohes Nußbaum-Pianino mit vierfach gekreuzter Saitenlage (eigene Erfindung des Erbauers) hat dadurch, daß die Saiten mehr in die Mitte des Resonanzbodesn vertheilt sind, einen edlen Flügelton. Die Abstrakten-Mechanik ist aus der Hamburger Fabrik L. Isermann. Die Spielart ist leicht und präzis, das Gehäuse äußerst stylvoll in feinstem Nußbaum-Maser ausgeführt. Alles in Allem, zwei Prachtinstrumente, jedem der Besucher auf´s wärmste zu empfehlen“. Darauf hin wurde vom Preisgericht die goldene Medaille zuerkannt.
„Die internationale Nahrungsmittel-, Gewerbe- und Sportausstellung in Dresden“ zeigte wiederum „1 hohes Nußbaum-Pianino mit Marqueterie-Füllung und vierfach gekreuzter Saitenlage; 1 schwarzer Stutzflügel mit Gravirung“. Ob die vierfach gekreutze Saitenlage gar nicht mehr so gut ankommt? Kulb erhielt dafür eine „Bronzene-Medaille“.
Bei weiteren Ausstellungen in Dresden war Joseph Kulb selbstverständlich vertreten. 1896 stellte er „einen Cabinetflügel und zwei Pianinos, eins in Rokokostil mit schöner Bildhauerarbeit“ aus. Wiederum erhielt Kulb eine Bronze-Medaille, die er aber zurück gewiesen hatte. Warum? Hatte Kulb in Böhmen mehr Glück? In Tetschen freute er sich über die „Goldene Ausstellungsmedaille“.
Die Pianoniederlage F. R. Trübger in Hamburg übernahm 1904 die „alleinige Vertretung der angesehenen Pianofabriken von Hagspiel & Co. und Josef Kulb – Dresden“. In der ZfI gibt es von 1911 an keine Nachrichten mehr über Josef Kulb. In den Dresdner Adressbüchern ist Kulb bis 1928 vermerkt.
Seriennummern sind wenig bekannt. Etwa 6.000 wurde um 1920 hergestellt.