Görs & Kallmann
Pianofortefabrik in Berlin, 1877 – 1976
Woher stammt der Name „Görs“?
Er ist abgeleitet von den Ursprungsnamen Georg oder Gregor. Der deutsche Name bedeutet „Landsmann“ oder „Bauer“. Robert Görs war Bauer – Klavierbauer!
1877 begann die Geschichte der Pianofabrik Robert Görs, im gleichen Jahr auch die Geschichte des Deutschen Patent- und Markenamtes in Berlin mit Gründung des Kaiserlichen Patentamtes, die erste landesweite Einrichtung für gewerblichen Rechtsschutz.
Sehr zahlreich meldeten Pianofabrikanten ihre Patente an, manche wurden erteilt, manche erloschen nach kurzer Zeit. Interessant ist, dass Görs & Kallmann kein einziges Patent anmeldete – oder aber auch nicht veröffentlichte. Verschiedene Firmen behielten ihre Patente unter Verschluss. Es bestand ja immer die Gefahr des „Ideen-Stehlens“. Das brachte Ärger und wurde scharf zurückgeschossen. Im August 1896 ging die „Ballerei“ los, übrigens bereits die zweite schon.
Die Folge war eine üble Schlammschlacht, Beschuldigungen bis hin zur Verleumdung.
Wer war der „Techniker (?) Wenzel“? Richard Wenzel aus Weimar. Nach damaligen Recherchen arbeitete er bei Ritmüller & Sohn in Göttingen, Gebr. Perzina in Schwerin, E. Kaps in Dresden, Römhildt in Weimar, F. Mühlbach und R. Rathke in St. Petersburg und Th. Herbst in Berlin. Nach seinem Gastspiel bei Görs & Kallmann firmierte er in Weimar (1897 – 1906).
Nach der „Warnung von Görs & Kallmann“ folgte Wenzel´s „Erwiderung auf die Warnung“:
„… Wie so ganz anders ist es mit den Instrumenten von Görs & Kallmann bestellt; alles zusammengesuchtes Zeug, halb dieses, halb jenes; außer dem Mignon-Flügel sind die Flügel schlecht gelungene Bechstein´sche Copien. Man sehe nur die mangelhaften Eintheilungen der Saiten, Wirbel, Plattenstifte. Alles würgt und quetscht sich; was gut daran ist, ist die praktische Arbeit. Wäre hiermit die geübte Hand des Technikers? verbunden, dann könnte die Firma Görs & Kallmann wohl Andere qualificieren, falls die Firma selbst Techniker ist“!
Görs & Kallmann antwortete mit „Unser letztes Wort in dieser Angelegenheit“:
„…Selbst das Copiren hat der Wenzel nicht einmal verstanden! Wenzels Renommage, bei uns 20 bis 22 Instrumente pro Woche gestimmt und intonirt zu haben, ist eine offenbare Lüge! Wir bekommen jede Woche ca. 40 Instrumente fertig und haben zwei Vorstimmer und drei Reinstimmer und Intoneure. Man kann sich daher leicht ausrechnen, was jeder pro Woche leistet“.
Mit dem „Schlußaccord einer technischen Disharmonie“ beendete R. Wenzel die „persönliche und gehässige Polemik“. – Glückwunsch!
Einzelheiten daraus werden die Kollegen nach etwa 120 Jahren kaum noch interessieren. Heutzutage tauschen sich „verstimmte“ Kollegen auf Facebook oder Twitter aus.
Zurück zu Robert Görs, er wurde am 12. Oktober 1850 geboren, gründete 1877 seine Firma, 1880 schließt er sich mit August Kallmann zusammen. Schon 1883 stellte Görs & Kallmann auf der „Colonial-Ausstellung von Amsterdam“ zwei Pianinos aus, „darunter ein kreuzsaitiges in Nussbaum mit prächtiger Kastenarbeit und gutem Klang, wenn auch in der Mitte und im Basse wenig ergiebig. Bei dem zweiten Klavier, einem kleinen kreuzsaitigen in Polisander, begegnen wir einem separatem Basspedal; letzteres war arg in Unordnung, denn fünf Tritte gaben überhaupt keinen Ton von sich und dabei war es sehr verstimmt“.
Der Umzug 1885 in ein neues, modernisiertes „Etablissement“ verhalf der Firma „monatlich bis 150 Flügel und Pianinos“ zu fertigen.
Wie sah es mit der Qualität aus? 1888, zur Weltausstellung in Melbourne, wurden ein Flügel und drei Pianinos ausgestellt. Die Prämierungen erfuhren „von mehreren Seiten Widerspruch“ und wurden mehrfach geändert, bis feststand: Görs & Kallmann erhielt eine „Ehrenvolle Erwähnung“.
1889 arbeiteten „über 200 Mann“ in der neu erbauten Fabrik in der Arndtstraße 34; in der Niederlassung in der Leipziger Straße 119/120 befand sich ein größeres Lager, „welches aber auch dazu dienen soll, den auswärtigen Geschäftsfreunden ihre sämmtlichen Modelle in den verschiedensten Ausstattungen vorführen zu können“. Übrigens, am gleichen Ort, zur gleichen Zeit befand sich die Trautwein´sche Pianofabrik.
Unter „Eingesandt“ brachte im April 1892 Görs & Kallmann eine „Richtigstellung“:
„Seit vielen Jahren bauen wir die Orgelpedale, wie solche … von den Herren J. A. Pfeiffer & Co. in Stuttgart erwähnt werden. Wie die Herren Pfeiffer & Co. auf die Clichés das Wort Patent setzen lassen können, wissen wir nicht; wir möchten aber bestreiten, daß die Berechtigung hierzu vorliegt. Indem wir die verehrl. Redaktion bitten, Vorstehendes zur Berichtigung aufzunehmen, zeichnen … Hochachtend Görs & Kallmann“.
Lieber Kollege Görs, du machst dem Ursprung deines Namens alle Ehre: Du bist ein Bauer. Von dir ist bisher kein einzigstes Patent bekannt, interessierst dich aber für andere. Studiere doch einfach mal die Patentnachrichten, da findest du mehrere von J. A. Pfeiffer, wie die von 1884 beispielsweise:
„J. A. Pfeiffer & Co. in Stuttgart erhielten für eine Vorrichtung zur Verlängerung einzelner Töne für Pianinos die Patentschrift No. 26997 im Deutschen Reiche vom 13. October 1883 ab gültig.
Bei Benutzung des Pedals wird die Federleiste nach abwärts gezogen, so dass die Federn hinter die Haken der abgehobenen Dämpfer greifen und so diese Dämpfer verhindern, sich beim Loslassen der Tasten wieder an die Saiten zu legen“.
Oder die unter „Patent-Nachrichten“ von 1891 zu lesende Anmeldung:
„P. 5251. Pedalmechanik für Saiteninstrumente. – Otto Pfeiffer in Firma J. A. Pfeiffer & Cie. in Stuttgart, Silberburgstr. 125. 12. Juni 1891“.
Glücklicherweise kam keine Antwort auf obige Richtigstellung seitens J. A. Pfeiffer.
Zu der Welt-Ausstellung in Antwerpen 1894 stellte Görs & Kallmann vier schwarze Pianinos und einen Flügel aus.
Eine „Kremser-Parthie“ unternahm die Firma im Sommer 1895. Eigentlich nicht erwähnenswert.
Oder doch? Etwa 300 Personen nahmen daran teil, „welche in geschmückten Wagen mit Musik von der Arndtstraße abfuhren. […] Das Vergnügungs-Comité hatte sich bemüht, die Parthie recht glanzvoll und für jeden befriedigend zu gestalten“. Dazu gehörte Tanz und Spiel, das Wetter war prima und dann der Höhepunkt: „Die Freude Aller war durch die Theilnahme des Chefs der Fabrik mit seiner Familie noch erhöht worden“.
„Parthie-Zeit“ – eine weitere fand ein Jahr später statt, im Juni 1896, als das 15.000 Piano fertiggestellt wurde. Diesmal mit einer „Dampfer-Partie“. Sie fand mit über 400 Teilnehmern bei schönstem Wetter statt. Ziel war der Vergnügungsort Rauchfangswerder, „welches höchst romantisch am grünen Strand der Spree liegt. […] Abends hielt unter dem Scheine eines erleuchteten Transparentes, welches die Zahl 15000, den Namen der Firma und die Jahreszahlen 1877 – 1896 trug, einer der Werkführer einige zündende Worte, welche von einem der Chefs der Firma dahin beantwortet wurden, daß es – Allen seinen Dank aussprach und insbesondere seiner getreuen Arbeiter gedachte, hierbei die jüngsten Mißhelligkeiten in der Pianobranche berührend und daß er versprach, nach seinen Kräften den Arbeitern helfend und fördernd zur Seite zu stehen und ihnen denselben guten Willen entgegenzubringen, welcher, wie er hofft, ihm stets von den Angestellten entgegengebracht werde. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß die Tochter des redenden Werkführers mit geschulter Stimme ein Lied vortrug, welches großen Beifall erntete“.
Das eigentlich Interessante nach „Kremser- und Dampfer-Partie“ sind die Instrumente auf der Gewerbe-Ausstellung 1896 in Berlin.
„R. Görs & Kallmann haben eine glänzende Ausstellung von 3 Flügeln und 12 Pianinos veranstaltet:
Der größte, in Polisaner gearbeitete und mit Marqueterie höchst geschmackvoll verzierte Flügel hat ebenso wie der etwas kleinere, 1,75 m, in imitiert Ebenholz bei angenehmer elastischer Spielart einen großen gehaltvollen und edlen Ton. Ueberraschend groß und rund ist auch der Ton bei dem dritten nur 1,55 m langen Stutzflügel aus Nußbaum im Rococostil und mit reicher Schnitzerei, besonders im Notenpult. Auch hier ist die Spielart leicht und elastisch. Bei allen drei Flügeln ist mit Erfolg besondere Sorgfalt gelegt auf feinste Ausgleichung in dem Uebergang bei der Brechungsgegend. […] Unter den Pianinos fällt zunächst ein werthvolles Nußbaumgehäuse auf in Rococo mit hervorragend schöner Grundstecherei und einem Medaillon in Marqueterie. Unterdämpfung. Ganzer Eisenrahmen mit Panzerstimmstock. Anschlag und Ton sind dem Aeußeren entsprechend vorzüglich. Rechts daneben stehen zwei … schwarze Instrumente … Oberdämpfung, Beide haben den stummen Zug. Es folgt ein kleines Nußbaum-Instrument … Oberdämpfung. Ein Polisander-Instrument in englischem Stil ohne weitere Verzierungen“.
Weiter Pianinos mit Unterdämpfung und Lexow´sche Patentmechanik, welche auch für den Export bestimmt waren.
„Die drei nach Central- und Südamerika bestimmten Instrumente haben an der Rückseite eine geschmackvoll drapirte Dekoration von Stoff. Sämmtliche Pianinos machen äußerlich einen höchst vornehmen wohlthuenden Eindruck. Sie haben bei meist leichtem, elastischem Anschlag einen höchst ausgiebigen, frischen und wohlthuenden Ton, so die hohe Leistungsfähigkeit, auch was die Qualität betrifft, bekundend“.
Die Ausstellung „Berliner Musikinstrumenten-Industrielle“ 1897 brachte Görs & Kallmann die „bronzene Staatsmedaille mit der Inschrift Für gewerbliche Leistungen“.
1899 erschien ein neuer Katalog mit Illustrationen von 5 Flügel- und 30 Piano-Modellen, „letztere in allen nur erdenklichen Stilarten und Geschmacksrichtungen, wie sie die verschiedenen überseeischen Absatzgebiete verlangen“.
Im Oktober 1905 wurde ein Instrumentenmacher für seine ununterbrochene Tätigkeit in der Firma geehrt. Von seinen Mitarbeitern erhielt er ein „fein ausgestattetes Diplom und ein wertvolles Trinkhorn“. Die Chefs spendeten eine wertvolle goldene Uhr „nebst Kette. Das Fest erhielt dadurch eine besondere Auszeichnung, daß es durch die Anwesenheit der Herren Görs und Kallmann ausgezeichnet wurde“. Prima, aber erstmal Prost: das Trinkhorn leeren.
Im Jahre 1907 gab es wiedermal Preise – diesmal von der Deutschen Armee. Marine- und Kolonial-Ausstellung in Berlin, Görs & Kallmann erhielt die Bronzene Medaille. 1911, der Höhepunkt der Firma? Die Verleihung des Hoflieferanten-Titels: Des deutschen Kaisers und Königs von Preußen und des Kaisers von Österreich. Das war auch der einzigste Titel, mit mehr Titeln konnte Görs & Kallmann sich nicht schmücken.
1912 wurde das 50.000 Klavier zum Versand gebracht. Aus diesem Anlaß „stiftete Herr Görs der Arbeiter-Unterstützungskasse einen namhaften Geldbetrag“.
Mitten im Wüten des Ersten Weltkrieges, 1916, trennten sich Robert Görs und August Kallmann. Letzter wurde als alleiniger Inhaber eingetragen.
Anfang 1917 brachte Robert Görs ein berührendes Inserat:
„An meine werten Geschäftsfreunde!
Durch die vielen Beweise freundschaftlicher Gesinnung, die mir und meiner Arbeit aus den Kreisen meiner verehrten Kundschaft in so reichem Maße entgegengebracht worden sind, ist mein Lebenswerk in schönster Weise gekrönt worden. Deshalb ist es mir ein Herzensbedürfnis, beim Ausscheiden aus der von mir im Jahre 1877 gegründeten Pianino- und Flügelfabrik R. Görs & Kallmann in Berlin SW, deren technische Leitung in meinen Händen lag, allen werten Geschäftsfreunden auf diesem Wege meinen herzlichen Dank abzustatten. Es hat mich sehr wohltuend berührt, eine solche Anerkennung für meine bisherige Tätigkeit zu finden, und es sollte mich freuen, wenn mir auch bei weiteren Unternehmungen das Vertrauen und die Unterstützung meiner alten Geschäftsfreunde, in gleichem Maße wie bisher, erhalten bleiben würde. Indem ich mich daher nochmals bestens empfehle, zeichne ich Hochachtungsvoll Robert Görs.
Zehlendorf-West bei Berlin, im Februar 1917“.
Im Berliner Handelsregister wurde 1920 die Firma „R. Görs & Spangenberg G.m.b.H.“ eingetragen.
„Gegenstand des Unternehmens ist: Die Fabrikation von Pianos und Flügeln sowie allen in das Fach einschlagenden Fabrikaten. […] Geschäftsführer ist der Pianofortefabrikant Robert Görs in Zehlendorf (Wannseebahn)“.
In eine G.m.b.H. wurde 1921 die Firma „Görs & Kallmann“ umgewandelt, „Geschäftsführer sind die Herren August Kallmann, … und die Herren Niels Kallmann und Hans Altmann“.
1926 endlich einmal eine Nachricht von August Kallmann. Allerding – ein Nachruf. Von seinem Leben erfahren wir: Er erblickte das Licht der Welt am 7. März 1854 in Wollstein (eine Stadt etwa 75 Kilometer südwestlich von Posen in Polen, aus der auch der Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch stammte). „… seine Jugend war nicht allzu rosig. Die Familie war groß und Geld nicht vorhanden. Erst eine Erbschaft setzte den Vater in den Stand, seinen Kindern in späteren Jahren eine gute Schulbildung zu geben“. Nach einer Lehre in einer Weinhandlung fand er eine Anstellung in einem Kurzwarengeschäft. Er zog weiter nach Berlin zu der Bestandteilehandlung Gottschalk Nachfolger. Neben Bestandteilen wurden auch Pianinos im In- und Auslande verkauft. So kam die Verbindung zu Robert Görs, der in „bescheidenstem Umfang ein gutes und preiswertes Klavier baute“. 1880 gründeten sie ihre Firma „Görs & Kallmann“. Görs widmete sich der Herstellung und Kallmann „übernahm den kaufmännischen Teil und entwickelte einen Tätigkeit, die man nicht anders als verblüffend bezeichnen kann“.
Kallmann reiste nach England, aber auch nach Holland, Belgien, Rußland und „das gesamte übrige Europa“. Er unternahm eine Weltreise. „Klaviere wurden in die afrikanischen, australischen usw. Hauptstätte gesandt, und er fuhr hinterher und holte die Händler heran. Man denke sich in die Zeiten zurück, als es noch keine Eisenbahn im heutigen Umfange gab, als Johannesburg noch in kleinsten Anfängen steckte, mit Blechbuden, wo heute steinerne Paläste stehen, und man wird zugeben, daß Kallmann wahre Pionierarbeit für die deutsche Klavierindustrie geleistet hat und ein gut Teil ihm anzurechnen ist von dem Rufe, den das deutsche Instrument im Auslande gewann. […] Der Erfolg blieb nicht aus. Überall in der Welt wurden Verträge geschlossen, und nun reichte auch die Arndtstraße nicht mehr aus“. Eine zweite Fabrik kam hinzu, mit 330 Arbeitern erreichte man einen Umsatz von 3.500 Instrumenten pro Jahr. 1914 wurde das 57.000. Instrument fertig gestellt.
Der Krieg brachte „furchtbare Schläge … Von seinen drei Söhnen hatten die beiden Ältesten … sich sofort freiwillig gemeldet“. Beide Söhne starben den sinnlosen Heldentod. „Die Fabriken lagen still, und da das erhoffte Kriegsende nicht kam, hatte auch Robert Görs sich zurückgezogen und zur Ruhe gesetzt“. Das heißt, er übernimmt 70-jährig die Geschäftsführung und technische Leitung der 1916 gegründeten Pianofortefabrik Görs & Spangenberg.
Die „Fabriken wurden umgestellt auf Heereslieferungen … als das Kriegsende kam, wurde die Herstellung der Pianos gemeinsam mit einem alten Stamm … wieder aufgenommen … der jüngste Sohn trat in die Fabrik ein und übernahm die technische Leitung“. 1920 erfolgte die Umwandlung in eine G.m.b.H., der Sohn Niels wurde als Teilhaber aufgenommen. „Mit Stolz und Freude konnte die Firma feststellen, daß ihr alter Vorkriegsruf nicht erblichen war und ihre Instrumente trotz des Krieges vom Publikum in gleicher Weise gesucht und gekauft wurden“.
Plötzlich, mit 72 Jahren, verstarb er am 16. April 1926. Kallmann war beliebt, war er doch „stets gerecht und edel. […] Die Firma Görs & Kallmann wird in der seitherigen Weise, in seinem Sinne und nach seinen Richtlinien weitergeführt werden“.
„Die im Kranze der deutschen Pianofortefabriken hochangesehene und weltbekannte Firma Görs & Kallmann … konnte am 4. Dezember 1927 auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Ein halbes Jahrhundert deutschen Schaffens, des Fortschrittes und wachsender Erfolge liegt hinter diesem Unternehmen, dessen Instrumente sich in der ganzen Welt des besten Rufes erfreuen und in nicht geringem Maße dazu beigetragen haben, dem deutschen Klavier Weltgeltung zu verschaffen“.
Gut – die Jubiläumsschrift war noch nicht fertig! Verständlich, es folgte gerade ein Umzug in eine neue Fabrik: Krautstraße 18 – 19. Auch der geplante 138 cm lange Jubiläums-Flügel hatte sich verzögert. „Nur soviel sei an dieser Stelle mitgeteilt, daß die Firma, wie so viele deutsche Pianofabriken, aus kleinsten Anfängen hervorgegangen ist. Aber schon nach vier Jahren ihres Bestehens … konnte sie das 1000ste, 1901 das 25000ste und 1912 das 50000 Instrument abliefern, woraus das Wachstum des Unternehmens deutlich ersichtlich ist“. Dann kam der Erste Weltkrieg, der Betrieb ruhte und erst 1 ½ Jahre nach Kriegsende begann die Produktion wieder – ohne Robert Görs. 1927 wurde in der neuen Fabrik „neueste deutsche und schwedische Maschinen angeschafft, wie die Firma auch keine Maßnahme versäumt hat, um den Betrieb zeitgemäßen Anforderungen entsprechend zu gestalten“. Durch die schwierige wirtschaftliche Lage wollte man eigentlich von einer Feier Abstand nehmen.
„Die Geschäftsleitung glaubte es aber dem Andenken des im Jahre 1926 verewigten unvergessenen Senior-Chefs August Kallmann schuldig zu sein, an ihrem Ehrentage eine schlichte Erinnerungsfeier abzuhalten“. Herr Hans Altmann, der seit 1926 Geschäftsführer war, dankte allen sehr herzlich. „Die Rede klang aus in ein Hoch auf die Zukunft der Firma, in das alle gern einstimmten und mit einem Glase Wein bekräftigten“. Am folgenden Sonntag traf sich ein kleiner Freundeskreis „zu einem gemütlichen Frühstück“. Überraschung: Robert Görs wurde begrüßt, „der es sich nicht nehmen ließ, Glückwünsche zu bringen und entgegenzunehmen und dem Andenken seines verstorbenen Sozius und Freundes Kallmann ein Glas zu weihen. […] Möge der kraftvoll vorwärtsstrebenden Firma auch in Zukunft der verdiente Erfolg treu bleiben“.
Auf der Internationalen Ausstellung 1929 in Barcelona stellte „Goers & Kallmann“ ein „Nußbaum-Pianino und einen gut aussehenden Flügel in Zitronenholz“ aus. „Durch die schlechten akustischen Verhältnisse ist leider die Klangwirkung auch dort nicht die beste“.
„Im Juli 1930 verkauft die Firma ihre Filiale in Nollendorfplatz 7 an Max Adam. Ende des Jahres 1930 wird die GmbH wieder in eine Einzelfirma umgewandelt, sie ist völlig schuldenfrei. Die GmbH tritt in Liquidation, sie wird im Febr. 1931 gelöscht“. (Henkel).
Im April 1931 bittet die Firma um folgende Mitteilung: „Die Übernahme unserer Firma durch die Ehefrau des seitherigen Geschäftsführer und Liquidators Altmann hat bei einigen Stellen Verwunderung hervorgerufen. Wir möchten daher mitteilen, daß die Übertragung auf Herrn Altmann direkt den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprochen hätte, da Herr Altmann als Liquidator der alten G.m.b.H. nicht mit sich selbst Geschäfte kontrahieren durfte. Es mußte also ein Übergangsstadium geschaffen werden. Wir dürfen hinzufügen, daß weder die alte noch die neue Firma irgendwelche Schulden hat, außer kleinen laufenden Rechnungen“.
Zum Jahresbeginn 1937 starb Robert Görs.
Letzte Meldung vom Juli 1940: „Berlin-Spandau. R. Görs u. Kallmann (Pianos, Flügel) … Inhaber jetzt: Kaufmann Hans Altmann, Berlin“.
Wie weiter mit dem Namen „Görs & Kallmann“?
Produktion seit 1953 in Berlin und Hamburg. Der Name wurde in der „Deutschen Pianounion“, Leipzig, später in Südafrika von Dietmann verwendet.