Dieter's Klavierseiten

Datenarchiv des Klavierbaus

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Vogel, J. G. & Sohn

Pianofabrik in Plauen, 1828 – 1932

Zur Geschichte der Pianofortefabrik „J. G. Vogel & Sohn“ in Plauen i. V. gehört der Name (Karl) „Carl Quandt“.
Zunächst einige Anmerkungen zu „J. G. Vogel & Sohn“:

Der Begründer Johann Gottlob Vogel wurde am 8. Mai 1774 als Sohn eines Lehrers geboren. Schon 1801 begann er mit der Anfertigung von Tafelklavieren, aufrechtstehenden und Wiener Flügeln. Am 1. Februar 1828 (Gründungsdatum) nahm er seinen Sohn Adolf in seine Firma auf und führte sie unter dem Namen J. G. Vogel & Sohn weiter. Dessen Sohn wiederum, Oskar Vogel, führte die Firma bis zu seinem Tode 1883. Herr August Diezel übernahm die Fabrik, die in das neue, in der Schloßstraße, Ecke Heinrichstraße, gelegene Grundstück, verlegt wurde.
„Unter August Diezel wurde die Fabrik erheblich erweitert, Maschinen eingeführt, und am 1. Oktober 1889 erwarb sie der Pianofortefabrikant C a r l Q u a n d t aus Berlin, …“

Nach dem Tode des Oskar Vogel (1883) ist der Name „J. G. Vogel & Sohn“ lediglich in den Instrumenten erhalten geblieben und selbstverständlich im Handelsregister, ab 1889 beginnt in Plauen die Geschichte des „Carl Quandt“.

Carl Quandt, geboren am 11. Aug. 1854, begann als Sohn des Hof-Pianofortefabrikanten Carl Julius Quandt, der Begründer der Berliner Firma „C. J. Quandt“, mit 17 Jahren die Lehre im väterlichen Betrieb. „Mehr als 18 Jahre diente er seiner väterlichen Firma als Mitarbeiter, zuletzt als Teilhaber, und fand in dieser Zeit Gelegenheit, durch physikalische Studien und musikalische Fortbildung seine angeborene Neigung zur Musik und zum Klavierbau zu pflegen und zu erweitern.“

Vogel Wappen

C. Quandt war als Mitglied und Schriftführer im Berliner Tonkünstlerverein mit Franz Liszt, Hans von Bülow, Richard Wagner und anderen Musikern jener Epoche bekannt, bis er seinen Wirkungskreis durch Erwerb der Firma J. G. Vogel & Sohn nach Plauen verlegte.
Carl Quandt hat außerdem 1903 in Breslau eine Filiale seiner Fabrik unter eigener Firma:
„Carl Quandt, Hof-Pianofortefabrik, Breslau“ errichtet. 1906 wurde dem Schwager Herrn Edmund Hübig Prokura erteilt. Mitte des Jahres 1909 war folgende Meldung zu lesen: „Karl Quandt . . . ist für die Stadt Plauen von dem Konservativen Verein, im Einvernehmen mit der Mittelstandsvereinigung, für die bevorstehenden sächsischen Landtagswahlen auf den Schild erhoben worden.“

Vogel WAB 1906

„Im Handelsregister Plauen i. V. ist am 29. Januar 1910 die Firma Carl Quandt, Pianofortefabrik in Plauen, und als Inhaber der Hofpianofortefabrikant Herr Carl August Theodor Quandt daselbst eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Fabrikation und Handel mit Flügeln und Pianinos.“

1910, Eintragung im Handelsregister in Breslau: „Die Firma Carl Quandt Hofpianofortefabrikant, Breslau, ist abgeändert in Carl Quandt, Pianofortefabrik in Plauen.

Das Geschäft ist jetzt eine Zweigniederlassung des in Plauen i. V. unter derselben Firma bestehenden Hauptgeschäftes. Die seit 1828 in Plauen i. V. bestehende Firma J. G. Vogel & Sohn, Hof-Pianofortefabrik, bleibt bestehen. Alleiniger Inhaber beider Firmen ist der Hof-Pianofortefabrikant Herr Carl Aug. Th. Quandt.“

Vogel, Markneukirche

Die Flügel- und Pianino-Fabrik J. G. Vogel & Sohn in Plauen i. V. wurde am 10. Aug. 1912 in eine G.m.b.H. umgewandelt und „lautet nunmehr J. G. Vogel & Sohn, G.m.b.H. Sein Stellvertreter wurde sein einziger Sohn Udo. Die Geschäftsführung und Leitung der Fabrikation bleibt wie bisher in den Händen des Herrn Karl Quandt, während die Prokura wiederum dem Herrn Edmund Hübig für die neue Firma übertragen ist.“

Im September 1912 kam aus Berlin eine bemerkenswerte Meldung:
„Die im Jahre 1854 gegründete Hof-Pianofortefabrik von C. J. Quandt in Berlin, Grüner Weg 55, bittet uns mitzuteilen, daß sie mit der Firma Carl Quandt in Plauen i. V., deren Löschung von Amts wegen erfolgt ist, in keiner Weise identisch ist.“
Umso erstaunlicher die Mitteilung vom Mai 1913:
„Im Handelsregister des Kgl. Amtsgerichts zu Plauen i. V. wurde am 23. April d. J. … die Firma C a r l Q u a n d t in Plauen und als Inhaber der Kaufmann und Hof-Pianofortefabrikant Herr Carl Quandt eingetragen.“ Erst am 8. Januar 1917 erfolgte die handelsgerichtliche Löschung der Firma „Carl Quandt, Pianofortefabrik in Plauen i. V.“

1917 wurde die Zweigniederlassung in Breslau eine selbständige Hauptniederlassung unter der Firma
P i a n o h a u s  C a r l  Q u a n d t .

Vogel WAB 1912

1929, zum 75. Geburtstag von Carl Quandt wurde sein Wirken in der Stadt Plauen gewürdigt:
„… Der Gute Ruf der Firma festigte sich unter seiner Leitung derart, daß die geschäftlichen Verbindungen sich zu Kriegsbeginn fast über den ganzen Erdball erstreckten. . . . seit 1927 steht dem 75jährigen sein Sohn Udo als Geschäftsführer zur Seite. Karl Quandt hat von jeher lebhaften Anteil an den Interessen der Öffentlichkeit genommen. Durch das Vertrauen seiner Mitbürger wurde er im Jahre 1904 in das Stadtverordnetenkollegium gewählt, dem er zunächst bis 1906, dann von 1908 bis zum 27. Febr. 1919 ununterbrochen angehörte. Am 23. Februar 1920 wurde ihm das Amt eines unbesoldeten Stadtrates übertragen, das er bis zum 2. Mai 1924 innehatte und mit großer Gewissenhaftigkeit versah. Der Gewerbeverein hat ihn in Anbetracht seiner Verdienste um das Gewerbe zum Ehrenmitglied ernannt, weiter gehört Karl Quandt auch einer ganzen Reihe anderer Vereine als treues und tätiges Mitglied an. Während seiner Tätigkeit in den städtischen Kollegien hat er seine schätzbare Kraft u. a. auch den Kunstbestrebungen seiner Stadt zugewandt, wozu ihm als langjähriges Mitglied des Theaterausschusses reiche Gelegenheit geboten war.“

Quandt Berlin

1930 schied der Geschäftsführer Carl Udo Quandt aus der Firma „J. G. Vogel & Sohn, G.m.b.H.“ aus.
März 1931: „Zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der Firma J. G. Vogel & Sohn G.m.b.H. . . . wurde das Vergleichsverfahren eröffnet.“
April 1931: „In dem Vergleichs- und Konkursverfahren … wurde … bekanntgegeben: Der Beschluß …, durch den das Konkursverfahren über das Vermögen der bezeichneten Gemeinschuldnerin eröffnet worden ist, ist rechtskräftig und damit wirksam geworden….“
Im Mai 1931 starb Karl Quandt im 77. Lebensjahre.

Letzte Notizen über „J. G. Vogel & Sohn“ und „Carl Quandt“ aus dem Jahre 1932:
„Die Firma Pianohaus Carl Quandt G.m.b.H. in Breslau, wurde im Handelsregister von Amts wegen gelöscht.
„Das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma J. G. Vogel & Sohn G.m.b.H., Flügel- und Pianofortefabrik in Plauen, Heinrichstraße 19, ist nach Abhaltung des Schlußtermins am 19. Juli 1932 aufgehoben worden.“
Bis zum Ende der Firma wurden ca. 15.200 Instrumente hergestellt.

Quellen:
Zeitschrift für Instrumentenbau, Verlag Paul de Wit, Leipzig (1896 – 1943) und
Weltadreßbücher, Verlag Paul de Wit, Leipzig (1886-1930)

Anhang:
Im Zusammenhang mit der Firma „J. G. Vogel & Sohn“ in Plauen fand sich im Dezember 1919 eine Notiz:
„Ein weiteres, schmerzliches Opfer des Krieges!
Wie ein Leipziger Musikblatt zu berichten weiß, ist der herrliche Mensch und vorzügliche Klaviervirtuose Alexander Siloti unlängst in Rußland an Erschöpfung und Unterernährung gestorben, also an Elend und Hunger zu Grunde gegangen! Er war der erklärte Lieblingsschüler Liszt’s und ganz gewiß auch einer seiner besten. Der Meister ließ es sich sogar nicht nehmen, seinen Schüler sozusagen in die musikalische Welt einzuführen. Es geschah dies Anfang der achtziger Jahre in Leipzig, und das Konzert, zu dem Liszt, wie immer, mit einer ganzen Schar junger Damen aus Weimar herübergekommen war, fand in dem der Universität gehörigen damaligen Konzert-, jetzt Konviktsaal in der Ritterstraße statt. Die Begeisterung war groß, Siloti mußte selbstredend eine Zugabe gewähren, und diese Zugabe ließ den drolligsten Druckfehler entstehen, den die Welt je gesehen. Bernhard Vogel, ein Sohn aus der altangesehenen Plauenschen Klaviermacherfamilie Vogel und Bruder des damaligen Firmeninhabers, führte seinerzeit das Zepter als Musikrezensent der „Leipziger Nachrichten“ von G. Reusche. Er war ein grundgescheiter Mann, aber er schrieb eine sogen. Saupfote und pflegte seine Kritiken auf dem ersten besten Stückchen Papier, das ihm unter die Hände kam, niederzuschreiben. Anderen Tages früh lasen die Leipziger zu ihrem maßlosen Erstaunen: „Siloti wurde so gefeiert, daß er sich einer Zugabe nicht erwehren konnte, und zwar spielte er mit seltener Bravour den K r e u z o t t e r – (statt Kreuzritter) Marsch aus dem Oratorium der Heiligen Elisabeth.“ Dieser Kreuzotter-Marsch, zumal noch aus so einem frommen Oratorium, hat damals ungeheure Heiterkeit erregt, auch bei jedesmaligem Wiedersehen mit Siloti wurde immer wieder darüber gelacht und gestichelt. Siloti heiratete später eine sehr reiche russische Dame und betrieb von da an seine herrliche Kunst – er hatte einen unvergleichlich weichen Anschlag – nur noch zu seinem Vergnügen. Es ist anzunehmen, daß die Bolschewistenhorden ihm das ganze Vermögen abgenommen haben, so daß er mittellos im Elend umgekommen ist.“

Ergänzung zum Namen „Vogel“:
In Dresden baute schon vor 1850 „Vogel, F. E.“ Instrumente und bestand bis 1917.
In Berlin ist „Vogel, Ritter & Co. von 1923 bis 1925 nachweisbar.
„Robert Vogel“ in Eisenberg bestand von 1906 bis 1945.