Dieter's Klavierseiten

Datenarchiv des Klavierbaus

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Fiedler, Gustav

Pianofortefabrik Leipzig, 1871 – 1935

Wer war Gustav Fiedler?

„Fiedler wird 1832 in Buchholz bei Annaberg geboren. Er erlernt beim Vater das Tischlerhandwerk, kommt auf der Wanderschaft nach Leipzig und arbeitet bei I. G. Irmler, dann mehr als 15 Jahre bei Julius Blüthner. Am 4. Okt. 1871 gründet er die eigene Firma und baut von Anfang an ausschließlich Stutzflügel. 1886 ist er in Poniatowskistraße 4 und 13“. (2)

„In der Nacht vom 27. zum 28. Mai 1900 verschied nach schwerem Leiden der Pianofortefabrikant Herr Gustav Fiedler in Leipzig im Alter von 68 Jahren. Der Verstorbene war ein durchaus tüchtiger Fachmann. Seine Instrumente, die sich infolge ihrer äußerst soliden, sauberen Arbeit wie ihrer Preiswürdigkeit in Händlerkreisen des In- wie des Auslandes großer Beliebtheit erfreuten. Trotzdem die Nachfrage nach denselben mit den Jahren eine immer lebhaftere wurde, ließ er sich nicht zu einer Vergrößerung der Fabrik bewegen, so daß er manchen Besteller abweisen mußte. In ruhiger, solider Weise und meist nur auf feste Bestellung arbeitete Fiedler bis an sein Lebensende. Ein Fachmann von altem Schrot und Korn ist mit ihm aus den Reihen der deutschen Klavierbauer geschieden“. (1)

Fiedler

Das 1000 Instrument wurde bereits 1885 hergestellt.

Nach dem Tod von Gustav Fiedler geht die Produktion nahtlos weiter. „Der künftige Schwiegersohn des Herrn Fiedler, Herr Paul Kretzschmar beabsichtigt nämlich die Fabrikation mit Hilfe des treu bewährten alten Arbeiterstammes ganz in der bisherigen soliden Weise fortzuführen“. (1)

Aber erst 1900 erfolgte die Eintragung in das Leipziger Handelsregister.

Fiedler

Der bisherige Werkführer trat 1901 als Teilhaber in die Firma ein. „Die Fabrikation von Stutzflügeln, die die Firma seit 30 Jahren als einzige Spezialität betreibt, wird, da der lebhaften Nachfrage nach diesen Instrumenten selten genügt werden konnte, zunächst eine wesentliche Vergrößerung erfahren; dann soll aber auch in nächster Zeit mit den Bauen von Pianinos begonnen werden“. (1)

Ein Bodenmacher für Flügel feierte 1903 sein 25-jähriges Jubiläum. „In dieser langen Zeit hat er viele Tausende Flügel mit dem wichtigsten Bestandteil, dem Resonanzboden, versehen“ (1) – und erhielt eine Belobigungsurkunde der Kreishauptmannschaft Leipzig. Weitere Belobigungsurkunden folgten für langjährig ununterbrochene tätige Instrumentenmacher.

Fiedler

1904 verlegte die „Spezial-Flügelfabrik ihren gesamten Betrieb nach Leipzig-Plagwitz, Carl Heinestr. 82/84 in eigens für ihre Flügelfabrikation eingerichtete, mit den neuesten Maschinen und Trockenanlagen ausgestatteten Räume. Um der immer mehr steigenden Nachfrage nach ihren preiswerten Stutzflügeln gerecht werden zu können, hat die Firma ihren Betrieb bedeutend vergrößert“. (1)

1904 – ging die Firma „durch Kauf von dem bisherigen Inhaber Herrn Ludwig Paul Kretzschmar in den Besitz des Herrn Kommerzienrates Julius Heinrich Zimmermann in Leipzig übergegangen, der die Fabrik unter der handelsgerichtlich eingetragenen Firma Gustav Fiedler als alleiniger Inhaber weiterführt, aber nicht für die im Betriebe des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten des bisherigen Inhabers haftet“. (1)

Fiedler

Mit dem Besitzwechsel begann 1905 eine erweiterte Produktion, die Julius Heinrich Zimmermann bereits in St. Petersburg und Moskau betrieb. Er gründete um 1890 „in St. Petersburg eine Fabrik zum Bau von Holz- und Blechblasinstrumenten und ein Atelier zum Bau von Saiten- und Zungeninstrumenten, hier werden auch Harfen nach dem System von Karl Weigel hergestellt. Er beschäftigt bevorzugt Instrumentenmacher aus Sachsen, weil diese die Instrumente in vergleichsweise bester Qualität produzieren“. (2)

Fiedler

Die erweiterte Produktion ist vermerkt in seinem Warenzeichen u. a.:

„Klaviere, Flügel, Pianinos, Orgeln, Harmoniums, Harfen, Blasinstrumente, Saiteninstrumente, Schlaginstrumente, mechanisch und pneumatisch selbstspielende Tasteninstrumente, … Musikinstrumente aller Art …Stimmschlüssel, Notenblätter in runder und bandförmiger Form, Notenständer“. (1)

Im Gegensatz zu den einfachen Belobigungsurkunden erhielten 1908 verdienstvolle Mitarbeiter vom „Königl. Ministerium des Innern das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen“. (1)

Vertretungen wurden 1909 übertragen „für die Stadt und Provinz Posen Herrn Berthold Neumann in Posen und für Magdeburg der Firma Max Tuch in Magdeburg“. (1)

Fiedler

Eine letzte Meldung vor dem Ersten Weltkrieg: „… wurde in diesen Tagen das 10.000. Instrument fertiggestellt. Es ist ein prächtiger kleiner Flügel von 160 cm Länge, ein neues Modell von sehr ansprechender Form, dass der Leistungsfähigkeit der Firma ein schönes Zeugnis ausstellt“. Es ist anzunehmen, „daß nach dem Tod von Gustav Fiedler auch Pianinos gebaut werden“. (2)

Erste Meldung nach dem Ersten Weltkrieg: Zur Herbst-Messe 1919 „wird in den Ausstellungsräumen ihrer Fabrik, Sedanstr. 17, wieder eine Kollektion ihrer beliebten und gern gekauften Modelle“ (1) ausgestellt.

Wechsel in der obersten Etage: „Der seit vielen Jahren bei der Firma Jul. Heinr. Zimmermann in Leipzig tätig gewesene Prokurist und Geschäftsführer der Firma Gustav Fiedler in Leipzig, Herr Direktor Carl Becke, ist am 1. Juli 1920 in den Vorstand der Leipziger Pianofortefabrik Gebr. Zimmermann A.-G. in Leipzig, Neumarkt 6, eingetreten“. (1)

1921 folgte die Umwandlung „in eine Aktiengesellschaft … Die Gesellschaft wird von den Herren Paul Zimmermann und Wilhelm Zimmermann als Vorstandsmitgliedern, sowie den Herren Walther Mahnert und Max Strauß als Prokuristen gezeichnet“. (1)

In diesem Jahr feierte die Pianoforte- und Harmonium-Fabrik ihr 50-jähriges Bestehen.

Fiedler

Am 25. April 1923 starb der Besitzer der Gustav-Fiedler AG, Kommerzienrat Jul. Heinr. Zimmermann im Alter von 72 Jahren.

Die Harmoniumfabrik stellte 1923 neben den bisherigen Modellen 2 neue aus: „Das neue Modell 9, Gehäuse mit Schnitzerei, ist für mittlere Dispositionen eingerichtet. Ein weiteres neues Modell 14 ist vor allem für größere Werke (5 – 7 Spiele) bestimmt. Dieses Instrument wird mit besonders starkem Gebläse gebaut und vereinigt alle Vorzüge, die man an ein solches Instrument stellen kann“. (1)

Erstmalig zur Herbst-Messe 1924 waren neben den Pianos erstmalig Kunstspielpianos ausgestellt. „Der Besuch dieser bekannten Firma, die seit Jahrzehnten Qualitätsinstrumente in mittlerer Preislage herstellt, ist jedem Händler zu empfehlen“. (1)

Selbstspiel ….

„Infolge freundschaftlichen Abkommens scheidet am 1. Oktober 1926 Herr Paul Zimmermann aus dem Vorstande der Gustav Fiedler A.-G., Pianoforte- und Harmoniumfabrik in Leipzig, aus, um sich einem eigenen Unternehmen in einer anderen Branche zu widmen“. (1)

„Im Okt. 1927 wird die Fabrik in Sedanstraße 17 durch ein Großfeuer zerstört. Die Generalversammlung vom 7. Aug. 1930 beschließt die Auflösung und Liquidation der Firma, die erst 1934 beendet wird“. (2)

1930 löste sich die Gesellschaft auf: „Eugen Zimmermann und Theodor Ansinn sind als Vorstandsmitglieder ausgeschieden. Die Prokura von Max Strauß ist erloschen. Zum Liquidator ist der Kaufmann Eugen Zimmermann in Leipzig bestellt“. (1)

„Am 16. Januar 1933 verstarb in Berlin infolge Herzschlages Herr Eugen Zimmermann, Direktor der in Liquidation befindlichen Firma Gustav Fiedler A.-G Pianofortefabrik in Leipzig, im Alter von 53 Jahren. Der so unerwartet Dahingeschiedene war eine bekannte Persönlichkeit der Branche und erfreute sich allgemeiner Beliebtheit“. (1)

Quellen:
(1) Zeitschrift für Instrumentenbau
(2) Lexikon Deutscher Klavierbauer, H. Henkel