Hardt, Carl
Pianofortefabrik, Stuttgart, 1867-1933
Die Werkstatt wurde 1855 unter der Firma Hardt & Pressel gegründet mit dem Klavierbauer Carl Hardt und dem Holzhändler Pressel. Vorwiegend baute man Pianinos, ab 1862 als erste in Süddeutschland auch kreuzsaitige Pianinos.
Der Schwäbische Merkus berichtete 1858: „Pianoforte-Fabrikanten‘ seit 1855 … Ueberhaupt ist es auffallend, welchen kolossalen Aufschwung die Pianofortefabrikation in unserer Stadt nimmt. Ueberall werden die Räume zu eng, bei Schiedmayer und Dörner, wie bei den jüngeren Firmen. … eine noch jüngere Firma, die Herren Hardt und Pressel, die sich namentlich im Bau von wohlklingenden Pianinos auszeichnen, bauen gleichfalls eine große Fabrik, während noch mehrere kleinere Firmen hier und in der Umgegend etablirt sind, die alle die Hände voll zu thun haben. Es ist dies ein erfreulicher Beweis von der steigenden Industrie unseres Vaterlandes, die nicht genug von der öffentlichen Stimme gewürdigt werden kann“.
– Im Jahre 1862 erfolgte die Berufung Otto von Bismarcks zum preußischen Ministerpräsidenten. –
Im gleichen Jahr stellte die Firma Hardt & Pressel in London ihre Erzeugnisse zur gewerblichen Ausstellung des Zollvereins aus:
“Pianino oblique (schräg) mit 7 Oktaven, in Polysanderholz, mit Elfenbeinklaviatur, guillochirten (Ornament) Verzierungsleisten, Konsolen und gestochener oberer Rahmenfüllung. Mechanik mit Verlängerung … Pianino oblique mit 7 Oktaven, in Polysanderholz, mit Elfenbeinklaviatur, glatten Verzierungsleisten und durchbrochener, glatter, oberer Rahmenfüllung”.
Es folgte der “Amtlicher Bericht über die Industrie und Kunst-Ausstellung zu London 1862:
Hardt u. Pressel in Stuttgart. Diese erst seit 7 Jahren bestehende Fabrik dürfte sich bald zu einer der bekanntesten hervorthun, da sie in ihren Erzeugnissen eine äußerst sorgfältige Arbeit mit geschmackvollem Aeußern verbindet. Bei den ausgestellten 2 Pianino’s war eine angenehme Spielart, lieblicher Ton und Gleichheit der Register zu bemerken,- aber vor Allem war es die Solidität der Arbeit, welche vorzüglichste Anerkennung fand”. Zur Prämierung erhielten sie die goldene Medaille”.
Nach der Trennung 1867 stellte Carl Hardt, Pianoforte-Fabrikant in Stuttgart zur Weltausstellung in Paris „Ein Pianino, Cabinetflügel, kreuzsaitig, 7 Octav. Kasten in Palisanderholz. Anhängplatte, Verspreizung etc. ist sämmtlich in Schmiedeisen”, prämiert mit einer Bronze-Medaille.
– Die fünfte Weltausstellung 1873 in Wien war die erste Weltausstellung deutschsprachigen Raum. –
Aus dem „Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches, Weltausstellung 1873, Wien:
„Hardt, Carl, Pianofortefabrikant, Stuttgart. – 2 Pianinos. Errichtet 1855, früher und bis 1867 war die Firma Hardt & Pressel. Spez. Pianinos nach amerikanischem Systeme. 1871 sind über 100 Instrumente fertig gemacht. Absatz überwiegend auf ausserdeutschen und zur Hälfte auf überseeischen Märkten. 51 Arbeiter insgesamt“.
Amtlicher Bericht über die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873:
„Carl Hardt in Stuttgart, vertreten durch ein kreuzsaitiges Pianino von mittlerer Grösse und schwarzem Holze (Preis 1890 Rmk.) und ein kleines kreuzsaitiges Pianino von Nussbaum (Preis 1350 Rmk.). Ton edel, Spielart bequem“.
Wien, Officieller Ausstellungs-Bericht, 1874:
„Carl Hardt in Stuttgart: 1. Pianino von schwarzem Holz, mittelhoch, kreuzsaitig, Preis 630 Thaler; 2. Pianino im kleinen Format von Nussbaum, ebenfalls kreuzsaitig, Preis 450 Thaler. An beiden Instrumenten ist der volle, gut ausgeglichene Ton wie eine leichte, präcise Spielart zu loben.“
Quellen: lieveverbeeck
1881 Zur Prämierung auf der Württembergischen Landesgewerbe-Ausstellung zu Stuttgart erhielt Carl Hardt für Pianos die Silberne Medaille. Auszug aus dem Ausstellungsbericht:
„Carl Hardt hat bestes Renommé für seine Instrumente. Aeusserlich wie im Innern erkennt man die Hand eines thätigen verständigen Fachmannes, der seine Fabrikation sorgsam und scharf überwacht“.
Patentneuigkeiten für Mechanik von Carl Hardt von 1882:
„Carl Hardt in Stuttgart erhielt für eine Neuerung an der Mechanik für Pianinos, und zwar Abänderung der H. F. Flemming’schen Repetitionsmechanik, P. R. No. 8164 das Deutsche Reichs-Patent No. 17110 vom 30. Januar 1881 ab gültig.
Die Neuerung besteht im wesentlichen darin, dass hier die Repetitionsfeder nicht auf eine Stellschraube, sondern direkt auf den Gegenfänger wirkt und dafür eine Regulirschraube am Stösser angebracht ist.
Der Patent-Anspruch lautet:
An der unter P. R. No. 8164 patentirten Repetitionsmechanik für Pianino’s die Anordnung der Stellschraube an dem Stösser statt an dem Gegenfänger, derart, dass durch dieselbe die Feder dem Stösser mehr oder weniger genähert und damit das spätere oder frühere Abfangen des Hammers regulirt werden kann. …
Die Karl Hardt’sche Pianofabrik in Stuttgart feierte 1887 die Fertigstellung des 3000. kreuzsaitigen Pianinos, aus welcher Veranlassung der Chef des Hauses sein gesammtes Personal zu einer Festlichkeit versammelte. Bei dem Festessen, bei welchem die Arbeiter ausserdem mit einem reichen Geldgeschenk erfreut wurden, wechselten Reden, Gesang und heitere Vorträge, und es kam dabei das gute Einvernehmen zwischen Prinzipal und Arbeitern in schönster Weise zum Ausdruck. — Die Vollendung des ersten Tausends Instrumente erforderte einen Zeitraum von 19 Jahren, des zweiten von 8 Jahren, während die des dritten Tausends nicht ganz 5 Jahre in Anspruch nahm. Da die Fabrik beinahe ausschliesslich für den Export arbeitet, so liefert die rasche Ausdehnung derselben in den letzten Jahren den Beweis, wie sehr solides Erzeugnis im Auslande geschätzt wird“. (1.000 = 1873; 2.000 = 1881; 3.000 = 1886)
1888 „erschien ein illustrirter Katalog in deutsch-französisch-englisch-spanischer Sprache, der 9 Abbildungen in Holzschnitt von fertigen Pianinos enthielt, sowie eine innere Ansicht“.
Die beiden Söhne Carl und Anton traten 1892 in das Geschäft als Teilhaber in sein Geschäft ein.
„Die Brüder machten ein strenge Lehre beim Vater durch. Nach der Lehrzeit gingen sie in die Fremde. Anton sollte später den kaufmännischen Teil des Geschäftes übernehmen. Karl, der den technischen Teil der Firma leiten sollte, arbeitete bei Steingräber, Duysen, Grotrian-Steinweg und Steinway & Sons“ (1)
Zehn Jahre nach der Fertigstellung des 3.000 Instrumentes feierte festlich die Firma 1896 die Fertigstellung des 5000. Instrumentes. „Die Firma, welche s. Z. als eine der ersten die ausschließliche Fabrikation von kreuzsaitigen Pianinos aufnahm und sich deren Vervollkommnung mit vielem Eifer hingab und welche durch ihr Vorwärtsstreben und die Gediegenheit ihrer Instrumente ausgedehnte Beziehungen besonders nach überseeischen Ländern errungen hat, darf sich rühmen, wacker an dem Rufe, dessen sich Stuttgarts Pianoforteindustrie weithin erfreut, mitgearbeitet zu haben“.
Am 24. September 1899 „verschied im Alter von 78 Jahren der Pianofortefabrikant Herr Carl Hardt, senior in Stuttgart, Gründer und Mitinhaber der Firma Carl Hardt daselbst. Mit ihm ist der Senior der Stuttgarter Pianofortefabrikanten dahingeschieden“.
Carl Hardt wurde 1822 in Stuttgart geboren. Vier Jahre lernte er bei Friedrich Dörner, ging auf Wanderschaft und gründete 1855 seine Firma. Während die erste Ehe kinderlos blieb, bekam Carl Hardt in der zweiten Ehe die Zwillingsbrüder Karl und Anton.
„Das Geschäft wird von den beiden Söhnen in unveränderter Weise fortgeführt. Carl Hardt war der erste in Süddeutschland, der sich ausschließlich dem Baue der kreuzsaitigen Pianinos widmete, und deren Entwickelung und Einführung er sich in hervorragender Weise Verdient gemacht hat“.
Streik – Kündigung
In den Firmen Rich. Lipp, Carl Hardt und Fr. Schilling wurde 1906 gestreikt. In deren Folge erhielten die Arbeiter „gemäß der Fabrikordnung“ die Kündigung, „je nachdem 8- oder 14tägige Kündigung vereinbart ist, wird jedoch solange weitergearbeitet.“.
Mailänder Ausstellung 1906: „Eine schöne Kollektion bietet auch Carl Hardt, Stuttgart, mit 6 Pianinos in verschiedenen Stilarten, von denen eins im japanischen Stil und ein anderes „Liberty“ besonders genannt sein mögen“.
Um 1910 wurde die Seriennummer 8.500 erreicht.
1912 lieferte die Pianofortefabrik „ein Salonpianino an die Prinzessin Laectitia von Savoyen, Herzogin von Aosta. Die Firma wurde in Anerkennung des schönen Instrumentes zum Hoflieferanten Ihrer Kaiserl. u. Kgl. Hoheit der Herzogin von Aosta ernannt“. (Prinzessin von Orléans).
Vor dem Ersten Weltkrieg bis 1921 war es still um die Firma bis zu der Nachricht, dass Herr Heinrich Auwärter verstorben war: „Einer der Ältesten, vielleicht der Älteste unserer Klaviermacher-Zunft, ist am 13. November 1921 von uns gegangen Nach nur zweitägigem Kranksein verschied im Alter von nahezu 86 Jahren Herr Heinrich Auwärter in Stuttgart. Der jüngeren und mittleren Generation weniger bekannt, steht er dafür bei der alten, besonders süddeutschen Garde um so mehr als ein mit seinem Berufe innig verwachsener, selten durchgebildeter und erfahrener Fachmann in bestem Gedenken. Mit dem Bau der Instrumente von Grund aus vertraut und unermüdlich im Streben nach Vervollkommnung hat er, ein Feind der geringen billigen Marktware, teils als technischer Leiter erster fremder Betriebe, teils mit eigenem Fabrikate, hervorragend viel des Guten und Anerkennenswerten geschaffen. Seine letzte, fast zwanzigjährige Tätigkeit war die eines technischen Leiters in der altangesehenen Stuttgarter Firma Karl Hardt, mit welcher er bis zu seinem Heimgange geschäftlich wie persönlich eng verbunden blieb. Alle, welche den bis ins hohe Alter rüstigen und unermüdlichen Kollegen gekannt haben, werden ihm als gediegenem, hervorragendem Fachmanne ein freundlich Gedenken bewahren“.
Ende 1924 war die Seriennummer 10.000 bei Pianinos erreicht.
1931 konnte „die Firma Carl Hardt, Pianofortefabrik in Stuttgart, auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken“.
Anton Hardt starb im Dez. 1933, sein Bruder Karl Hardt 1940.
Aus Anzeigen zu Carl Hardt-Instrumenten:
Wunderschönes altes Klavier deutscher Markenqualität, ca. 1910 von Carl Hardt Auwärter Stuttgart, Fertigungsnummer 8647. Klavier hat einen guten Klang und ist gut bespielbar,
Carl Hardt, Stuttgart, 133 cm, Nußbaum/Wurzelholz wunderschönes Stilklavier, hervorragender Klang, Klavier günstig zu verkaufen, funktionstüchtiger Zustand und gute Optik.
Hervorragendes Klavier. Deutsche Marke. In gutem Zustand
Quellen, außer Zeitschrift für Instrumentenbau
(1) Jehle, Württembergische Klavierbauer des 18. und 19. Jahrhunderts
(2) V. und K. Hofer, Stadelbach, AT-6094 Axams
(3) Daniel Pantke, klavierhalle.de, 48341 Altenberge
(4) Daniela Benz, Sinsheim, 74889 Baden-Württemberg